Margreth Tews

06.09.2002 OÖ. Nachrichten

06.09.2002 OÖ. Nachrichten

Egal in welcher Rolle – wer zu Gericht muss, hat oft ein mulmiges Gefühl: Wie verhalte ich mich und was kommt auf mich zu „Ich begleite Menschen zu Gericht als Vertrauensperson und Mittlerin zwischen Emotion und nüchternem Ablauf“, beschreibt Mediatorin Margreth Tews ihr Spezial-Coaching.

Scheidung, Streitereien verschiedenster Art, Unfall, Verdacht auf ärztlichen Kunstfehler sind Gründe, um sein Recht einzuklagen. „Wie nüchtern es bei Gericht zugeht und wie wenig Platz dort für Emotionen, Ängste, Leid, Sorgen und Nöte der Menschen ist, sehe ich immer wieder“ sagt die Linzer Mediatorin, Lebens- und Sozialberaterin, die Konflikttraining in vielen Bereichen anbietet. Einmalig ist die Begleitung ihrer Klienten zu Ämtern und Behörden, wie etwa zum Gericht. „In der vierjährigen Zusammenarbeit als Mediatorin mit meinem Mann, der Anwalt ist, habe ich den Gerichtsalltag bis ins Detail kennen gelernt“ sagt Tews.

Sie erlebte, wie sehr sich Menschen vor Gericht allein gelassen fühlen, wenn der Anwalt nach der Verhandlung auf Warum-Fragen des Klienten meint: „Es tut mir Leid, ich muss zur nächsten Verhandlung. Bitte rufen Sie mich an.“ So bleibt der Klient mit seinen Fragen oft verzweifelt zurück. Warum er nicht zu Wort gekommen ist, warum er sein Leid nicht erzählen durfte, warum der Ausgang ein anderer war als erhofft, wie er die Geldstrafe seiner Familie beibringt oder wo er das Geld hernehmen soll. „Es ist nicht der Job des Anwalts, sich gefühlsmäßiger Sorgen und Ängste des Klienten anzunehmen. Diese Rolle übernehme ich und zwar schon vor der Verhandlung, bei Gericht selbst und auch danach“, sagt Margreth Tews. Ein Psychologe oder Therapeut kann helfen, unverdaute Emotionen aufzuarbeiten, Tews Vorteil ist, dass sie die Gerichtsluft jahrelang geschnuppert hat und ganz gezielt die Menschen auf das vorbereiten kann, was bei Befragungen, Zeugenaussage oder bei der Erstellung von Gutachten auf sie zukommt.

Mit dem Urteil leben lernen

Gefühle werden bei gerichtlichen Entscheidungen nicht berücksichtigt und ausgeblendet. Doch die Betroffenen müssen ihre Emotionen loswerden, verarbeiten und in der Realität damit leben lernen. „Gerade, wenn jemand glaubt, ihm geschehe Unrecht, braucht er jemanden, der ihn professionell auffängt, ihm Unklarheiten menschlich nahe bringt“, sagt Tews, die bei Scheidungsverfahren zum Beispiel Klienten auch zum Jugendamt begleitet. „Mancher Vater hat dort schon recht schlechte Erfahrungen gemacht. Doch wenn ich als neutrale Vermittlerin dabei bin, ist das Gesprächsklima ein anderes“, weiß sie aus Erfahrung.
Beim Vorsprechen vor Behörden oder beim gerichtlichen Gutachter soll man seine Gefühle in Zaum halten, kommt es auf Ausdruck, Kleidung und Auftreten an. Wer keine Gerichtserfahrung hat, reagiert vor lauter Nervosiät und Spannung oft recht unbeholfen und ganz anders, als er eigentlich will. Und das kann ihm schaden. „In Verhandlungspausen frage ich beim Klienten nach, ob er alles verstanden hat und erkläre, wie der weitere Ablauf sein wird. Ich versuche Druck wegzunehmen, so gut es geht“, erklärt die selbstständige Linzer Sozial – und Lebensberaterin.
„Im eigenen Leid oder Hass sieht man oft die Situation des Gegners nicht objektiv. Es entlastet meinen Klienten und gibt ihm eine gewisse Genugtuung, wenn ich ihm klar machen kann, dass auch der Gegner meist verunsichert und betroffen ist. Als neutraler Coach versuche ich Licht in dieses Blindsein vor Schmerz zu bringen.“
Laut Konflikttrainerin Tews hilft es Betroffenen, die zum Beispiel fürchten, Opfer eines ärztlichen Kunstfehlers geworden zu sein, wenn sie sich ihr Leid von der Seele reden können, ihnen jemand zuhört und sie versteht. Es gehe in relativ harmlosen Fällen meist nicht um hohe Geldsummen, die sich jemand herausschinden wolle, sondern um das Ablassen von Dampf und um seelischen Beistand. Ob Kunstfehler oder unvorhersehbare Komplikation – eine herzliche Enschuldigung des Beschuldigten könnte vielleicht im Vorfeld wie bei anderen Streitfällen auch manche Klage abwenden. (von Christine Radmayr)